Im Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm (Originalausgabe 1873, S.2907) werden für den Berufsnamen Kuttler/Küttler drei verschiedene Erklärungen gegeben:
Kuttler – eine Art Fleischer
– der Wurstmacher
– der Verwalter eines städtischen Kuttelhofes.
Diese Erklärung greifen die einschlägigen Namensbücher auf:
Deutsches Namenslexikon von Bahlow („Erklärung nach Ursprung und Sinn“):
Küter, Küther: ndd. – Schlachter bzw. Wurstmacher im Küterhause (in Hbg. z,B. am Küterwall), der Eingeweide, Kaldaunen (nnd. Kut) verarbeitete. Vgl die Notiz „den Kutern 8 schilling für schlachten und wurstmaken“. Henneke Küter 1334 Barth. Ein Kütertor in Strals., ein Küterhof (ältestes Schlachthaus) in Bln. Dazu Familienname Kuthe: Kuteke 14.Jhd Haldsl.
Obd.-md.-schles. entspricht: Kuttler, Küttler (zu mhd. Kutel): vergl. Steffan der Köteler (im Kötelhofe)1372 Lg. Im Rhld auch Küttel-, Köttelwesch (Kuttelwascher).
Deutsche Namenkunde, Unsere Familiennamen von Max Gottschald:
Kütt/el, ler s. Kittel; vgl. Kutteln
Kutteln: „Eingeweide“ Kuttelwesch = Küttelwesch
Kuttler (X ON(Ortsname) Kuttel, Glatz, Krossen)
Küttler „Wurstmacher“
Kittel: Kitt/ler, elmann, Kütt/el, ler.
Die Deutschen Familiennamen – geschichtlich, geographisch, sprachlich –
von Heintze-Cascorb
Kutter, Kuttler III. „der Eingeweide (Kutteln)verarbeitet; auch Kuther, Kutner (bayr.); Küttler, Küttelwesch (niederrhein.), Kuttelwascher (reinigt die Kutteln).
Kittel III. mhd. Kittel, ein Kleidungsstück gemacht vom Kittler. – Zss. Lohkittel, Sieben-, Weiß-; Kittelmann.
Küter III. „ein Hausschlächter, so in den Garküchen schlachtet“ (Frisch). In Pommern (Klemp, Kuter – „Kütertor“ in Stralsund) Brandenburg „Wursthof“ od. Küterhof, ältestes bekanntes Berliner Schlachthaus im 16. Jhd. bei dem Heiligengeist – Hospital.
Für den mitteldeutschen/schlesischen Raum dürfte die im Deutschen Wörterbuch unter 3. gegebene Namenserklärung am ehesten in Frage kommen. In diesem Kulturraum standen die „Kuttelhäuser“, wie in der Erklärung für die Stadt Gera beschrieben, unter der Leitung eines „Kuttelmeisters“, der als Kuttler, Küttler bezeichnet worden ist. Dieser war ein Bediensteter der jeweiligen Stadt, dementsprechend hatte er einen Diensteid zu leisten. Nachstehend ist der im Jahr 1750 in Chemnitz vom Kuttelmeister zu leistende Eid abgedruckt:
„Ich N.N. schwere hier zu Gott dem Allmächtigen und Allwießenden, diesen theuren leiblichen Eyd: demnach E(ine)n Hoch- und Wohl Ed(le)r Hoch- und Wohlw(eise)r Rath allhier zu Chemnitz mich zum Kuttel-Meister bey hiesiger Stadt angenommen, daß ich in solchen Dienste mich eines ehrbaren, christlichen und nüchternen Lebens-Wandel befleißigen, dem regierenden Herrn Bürgermeister und sämtlichen Rathsverwandten, schuldige Ehrerbiethung erweißen, deren Ober- und anderen Meistern des Fleischhauer- handwercks, und sonst jeder männiglich, mit geziemender Bescheidenheit begegnen, die mir angewießene Wohnung pfleglich brauchen, in selbiger niemanden zur Miethe einnehmen, vielweniger verdächtige Personen und Gesindel darinnen Aufenthalt verstatten, auf die Gebäude wohl Acht haben, diesselben reinlich halten, daran nichts verwahrlosen, und sofern etwas darinnen wandelbar wird, solches bey dem Herrn Bau-Amts-Verwalter in Zeiten anzumelden, auf Feuer und Licht, vornehmlich beym Schlachten, gute Aufsicht tragen, daß kein unversteuertes Vieh im Kuttelhofe geschlachtet, oder auch untüchtig oder unrein befundenes zum Verkauff auf die Banck gebracht werde, wohl Acht haben, den Fleisch-Tax in ein darüber zu haltendes besonderes Buch getreulich und richtig einschreiben, die Fleisch-Tax-Zeddel gehörigen Orts, sogleich nach erfolgter Schaczung, einreichen, was mir sonst vermöge dieses Dienstes oblieget, und nach Erforderung dessen meine Vorfahren bereits gethan, oder doch thun sollten, und von Ei(ne)m Hoch- und Wohlw(eise) n Rathe mir noch künftig anbefohlen werden wird, treulich und unnachläßig beobachten will. So wahr mir Gott helffe und sein heiliges Wortt, Jesus Christus, mein Erlöser, Amen!“
Im Deutschen Rechtswörterbuch nach Hennig Preuß (1785) findet sich zum Stichwort Kuttelhaus folgender Eintrag: „Kuttelhaus, da die metzger die gedärme ihrer schlachtrinder butzen lassen. Kuttler heißt, der die verrichtung und aufsicht in diesem hause hat. Kittler heißt hier der fleischer, der auf dem schlachthofe wohnet und die aufsicht über die keßel und andere geräthschaft der fleischer hat.“
Auch in Annaberg gab es im Fleischerviertel ein Kuttelhaus. Im Verzeichnis der Bürger und Hausgenossen von Annaberg aus dem Jahre 1690 ist ein Christian Morgenstern, der die Berufsbezeichnung „Kütler“ trägt, zu finden, er wohnt im Münzerviertel; im Verzeichnis der Hausgenossen von 1709 findet sich dazu passend der Eintrag „In Christian Morgensterns Kütler Hauße wohnt …“ (genannt werden ein Geselle namens Hans Hübler und zwei Bergleute). Die Berufsbezeichnung „Küter/Kütler“ hat sich demnach bis ins 18.Jhd. hinein erhalten.
In den ältern Kirchenbüchern wie auch in den Musterungslisten des Geheimen Kriegskabinetts (Sächs. Staatsarchiv) wird die Schreibweise Küttler – Kittler häufig nebeneinander für ein und dieselbe Person gebraucht, in Dresden überwiegt die Schreibweise Küttler.
In Nürnberg hatten die Kuttler ein eigenes Zunftwappen, das nachstehend abgebildet ist.
In Beiers Handwerkerlexikon von 1722 wird die unterschiedliche gesellschaftliche Stellung, die die verschiedenen Berufe im Schlachtgewerbe einnahmen, näher beschrieben. Danach standen die Fleischhauer oder Knochenhauer innerhalb des Schlachterhandwerks im höchsten Ansehen, der Küter dagegen nur in einem niederen Ansehen. Die Kuter gehörten zwar der Fleischerzunft an, durften gelegentlich auch „Jungen lehren, Gesellen fördern, Lehrbriefe und Kundschaften erteilen“, wurden jedoch im MA in den Großstädten „den eigentlichen Schlachtern nicht gleich geachtet. Sie besorgten vielfach im Dienste der Knochenhauer das Schlachten, beschäftigten sich aber vorwiegend mit der Reinigung und Verwertung der letzteren abgekauften Kutteln, welche bald Caldaunen, Flock, Gehänge, Gekröse, Inster, Kutteln und so mehr hießen, nach Unterschied“. „Zuweilen befassten sich die kuter (Kuttler, Küter) auch mit Wurststopfen und betrieben auch das Haus- und Lohnschlachten
Der Name Küttler lässt also verschiedene Deutungen zu. Der im Deutschen Wörterbuch und die im Namenslexikon genannten Hans Kuttler, „der houptman von Bern“, Henneke Küter aus Barth und Steffan der Köteler aus Liegnitz sind die ersten uns bekannten Männer, die den Berufsnamen, aus dem sich dann der Name Küttler entwickelte, als Familiennamen getragen haben. In gewisser Weise sind sie damit die Urahnen aller Küttlers.