Noch einmal: Wer ist die Mutter von Michael Praetorius?

Gertrud Schulteis geb. Zwilling verw. Leicher

Bei meinen Recherchen zu Michael Schultei/Schutze und seinem Sohn Michael Praetorius fand ich in Hof den Sterbeeintrag von Sabina Lussow, die eine der Töchter von Michael Schulteis gewesen ist. In diesem Kirchenbucheintrag ist sie jedoch nicht als eine geborene Schulteis/Schulze eingetragen, sondern als eine geborene Leger (= Leicher):

„† 1633/177: Fraw Sabine Lußowin eine geborene Legerin, Herrn Superintendenten M. Chriistphorin Jordans Seeligen Schwieger Mutter, so verstorben Montags zu nachts zwischen 10 und 11 Uhr, ihres Alters 75 Jahr und halbes wird begraben den 21. Augustj.“

Der Eintrag gab Anlass zu weiteren Recherchen. Diese führten mich zu der Überzeugung, dass Sabina Lossow keine leibliche Tochter, sondern eine Stieftochter von Michael Schulteis/Schulze. Bislang galt/gilt die dritte Ehefrau des Vaters von Michael Praetorius, Magdalene Leicher aus Torgau, als deren Mutter.

Anmerkung von Prof. Dr. Siegfried Vogelsänger zum Sterbeeintrag für Sabine Lossow

Der Sterbeeintrag für Sabine Lossow im Kirchenbuch von Hof war in keinem der mir zugänglichen Lebensdarstellungen von Michael Schulze erwähnt, deshalb unterrichtete ich den Praetorius-Experten Prof. Dr. Siegfried Vogelsänger am 22. Januar 2008 von diesem Eintrag und erhielt von ihm bereits drei Tage später (25.1.2008) folgende Antwort:

„Sehr geehrter Herr Küttler,

gern beantworte ich Ihren Brief vom 22.01.2008. Dabei beziehe ich mich vor allem auf die genealogischen Forschungen des Hildesheimer Pfarrers i.R. Randolf Ludewig, die er mir im Jahr 2003 freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Ich habe Ihnen davon einige Kopien gemacht.

Sabina (bei Ludewig Sabine) war eine Tochter des Pfarrers (nicht Superintendenten) Michael Schulteis (auch Schultze, Schultes). Nach Ludewig war sie „um 1566“ geboren, was man Ihrer Angabe aus dem Sterbeeintrag vom August 1633 zufolge auf „1558“ korrigieren kann. Sabines Ehe mit Andreas Lussovius wird bei Ludewig ebenfalls erwähnt und auch die daraus hervorgegangenen Kinder.

Zu den Ehen des Michael Schulteis finden Sie in den Ludewig-Kopien zahlreiche Hinweise. Daraus geht hervor, dass Schulteis zuletzt mit Magdalena Leicher aus Torgau verheiratet war. Diese Ehe muss einige Zeit vor 1549 geschlossen worden sein, dem Umzug der Familie nach Creuzburg; denn der älteste Sohn Andreas wird in der Matrikel der Universität Jena „Torgensis“ genannt, ist also in Torgau geboren. Über die Martha Pohlmann habe ich im Zusammenhang mit der Familie Schulteis/Praetorius nie etwas gelesen. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte meiner soeben erschienenen Praetorius-Biographie. Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen       (Unterschrift)

 

In den Anlagen von Prof. Vogelsänger sind einige interessante genealogische Daten genannt, die den nachfolgenden Abschriften zu entnehmen sind.

Siegfried Vogelsänger: Praetorius- Forschung Randolf Ludewig

Randolf Ludewig war katholischer Pfarrer im Bistum Hildesheim. Er ist im Februar 2007 verstorben.

„R. Ludewig 2.

  1. Die Ehen des Michael Praetorius I. (Schulteis)

Folgendes ist den Forschungen des Archivars Fr. Euler-Bensheim entnommen – Kopie bei Dr. Helmut Müller-Springe (Anfrage bei Herrn Eulner ergab keine Ergänzung).

Michael Praetorius I

oo I   N.N. Brückner  + 1539, T. d. Georg B. kurs. Hofkoch zu Torgau;

oo II. Torgau1540   N.N.Zwilling, + Creutzburg 1553, T. d. Gabriel Z. (x Joachimsthal 1487,

+ Torgau 1.5.1548), Superintendent und Hofprediger zu Torgau, u. d. Anna Fliedner aus Suhl, Enkelin des Johannes Z. , Stadtrichter in Joachimsthal, und des N.N. Fliedner, Stadtrichter und Bürgermeister zu Suhl.

oo  III Torgau, [kurz vor 1554-gestrichen, handschriftlich ersetzt: vor 1549] Magdalene Leicher (Heidenreich gen. Leicher), x Torgau um 1532,  + Treuenbrietzen nach 1583, T. d. Andreas L., Stadtrichter zu Torgau, und einer angebl. geb. Zwilling, somit eine Nichte oder auch Halbnichte der 2. Ehefrau gewesen wäre;

Kinder aus II. Ehe:

  1. Gabriel, x Torgau 1542, + vor 1553
  2. Anna x Torgau, + vor 1553.

Ferner Andreas und Maria, was aber sicher falsch ist.         Soweit Euler.

 

Hierzu Ergänzungen und Berichtigungen:

 

N.N. Zwilling + vor 1550, Matrikel Witt. Nr 41625  1512 frater Gabriel Zwilling augu (= Augustiner); dort lehrte ab 1508 Martin Luther als Augustiner, Nr 214630 7.1544 Didymus (Zwilling) Gabriäel Torgau, sicher ein Sohn.

 

Aus eine Kopie der Zentralstelle für Genealogie- Leipzig – aus Gurlitts Diss. S. 88 f folgt: Der Komponist Michael Praetorius nennt in einem Brief seinen Bruder Andreas „meum fratrem germanum“, was bedeutet = Bruder beider Eltern, frater consanguineus = gemeinsamer Vater, frater uterinus = Bruder mit gemeinsamer Mutter. Da nun aber die Mutter der Tochter Maria aus einer Leichenpredigt x 1554 bekannt ist 4) = gleich Magdalena Leicher, so stammen logischerweise alle Kinder von Andreas von dieser gemeinsamen Mutter. Die Angaben „Heidenreich gen. und geb. Zwilling konnten bisher nicht verifiziert werden. Ferner folgt aus „Quellen der Genealogie Bd. 5 1980 Martin Granzin „Der Torgauer Rat 1359-1821: Andreas Leicher als Vater (so auch Euler) ∞ mit Tochter des Schneidermeisters Walter, 1505 Fischerviertel, 1524 Haus in der Spitalgasse, dann Leipziger Gasse 1512 Rhr. 1537 Viertelmeister Torgau.“

Soweit zunächst Randulf Ludwig. Dazu folgende

Anmerkungen hierzu:

Die von R. Ludewig ermittelten genealogischen Daten geben den damaligen Stand der Praetorius – Genealogie wieder, einige Detailangaben sind falsch oder wurden durch spätere Rechercheergebnisse korrigiert, andere bedürfen einer weiteren Verifizierung, Eine solche ist angesichts der spärlichen Datenlage nur bedingt möglich.

Randolf Ludewig geht von drei Ehen aus, die Michael Schulze (Vater) geschlossen hat:

 

  1. ∞ NN Brückner, † 1539;
  2. ∞ NN Zwilling
  3. ∞ Magdalene Leicher.

 

Diese drei Ehen sind urkundlich belegt, die Angaben zu den Müttern der Ehefrauen 2 und 3 aber wohl falsch. Eine Anna Fliedner wird auch auf anderen Ahnenlisten genannt, es fehlen dazu aber nachprüfbare Quellenangaben, Magdalene Leicher, die um 1532 geboren sein soll, kann vom Alter her keine Tochter von Gabriel Zwilling sein, denn dieser ehemalige Mönch ist selbst erst 1526 eine Ehe eingegangen. Auch der genannte Andreas Leicher war nicht der Vater von Magdalene, denn dieser Andreas Leicher ist bereits 1525 gestorben; der Vater von Magdalene war vielmehr dessen Enkelsohn, der ebenfalls Andreas geheißen hat. Magdalene Leicher ehel. Schulteis ist in den Leichenpredigten der Ehemänner ihrer Tochter Maria aufgeführt – 1582 Jacob von Jena und 1588 Esias Ulrich, beide aus Zerbst, somit also urkundlich abgesichert. Bei der genannten NN Zwilling kann es sich aber wohl kaum um eine „Nichte oder Halbnichte“ gehandelt haben, wie R. Ludewig meint, eine solche „Zwilling“ ist gänzlich unbekannt, Die Nennung einer Zwilling-Ehefrau/Mutter ist nach meiner Überzeugung jedoch ein Indiz für die von mir  vermutete vierte Heirat von Michael Schulteis um 1567 mit der im Thüringer Pfarrerbuch Band IV. genannten Gertrud Leicher:

„∞ II. Torgau 1567 Gertrud Leicher gen. Didymus aus Torgau, To. v. Gabriel Sup. Torgau“.

Die Recherche zur Klärung der Frage, wer die Mutter des Komponisten Michael Praetorius ist, muss sich somit gezielt auch mit Gabriel Zwilling und seiner Tochter Gertrud befassen.

 

 

Recherche Zwilling/Didymus, Gertrud Schulteis/Schultze verwitwete Leicher geborene Zwilling/Didymus.

Zwischen den Familie Zwilling/Didymus und Schulteis/Schultze bestanden enge berufliche wie private Verbindungen. Gabriel Zwilling hatte den jungen Michael Schulteis gefördert, viele Jahre war dieser einer der Diakone des Superintendenten Gabriel Didymus gewesen, zwei Töchter von Didymus heirateten später den verwitweten Michael Schulteis.

Im Eintrag für Schulteis,/Praetorius, Michael im Pfarrerbuch „Die reußischen Herrschaften“ ist, wie bereits ausgeführt, „ Leicher gen. Didymus aus Torgau“ als II. Ehefrau eingetragen, als Quelle ist u.a. das Pfarrarchiv von Roben angegeben. In diesem Archiv befindet sich lt. Gurlitt (Dissertation, Seite 54) das älteste erhaltene gebliebene Pfarrregister von Roben, das wohl von Michael Schulteis selbst eingerichtet worden ist. Gurlitt zitiert hierzu die von Michael Schulteis selbst verfasste Einleitung: „Anno 1565 Mittwoch nach Exaltationis Crucis, welchs ist der 19 Tag Septembris, bin ich in Roben in die Pfarr eingezogen. Michaelis das Register von mir, Michael Schulteis, angefangen und umgeschrieben aus den Herr(n) Alexandri Meußels meines Antecessoris seligen Registern, wie dasselbige ausweist, mit allen Treuen, wie dasselbige ausweist und darinnen zu befinden.“

Ich gehe davon aus, dass Michael Schulteis in dieses Register den Namen seiner Ehefrau, vermutlich auch das Datum der Heirat, eingetragen hat. Auf eine diesbezügliche Anfrage bei der Kirchengemeinde Roben habe ich jedoch leider keine Antwort erhalten, daher muss die Frage offen bleiben.

Didymus war seinerzeit als Luther-Freund und Mitreformator ein bekannter Mann, über sein Leben liegen einige historische Dokumente und Lebensbeschreibungen vor. Johann Georg Terne hat 1737 eine Biographie über ihn verfasst, in der auch Aussagen zur Familie gemacht werden. Dort ist zu lesen:

„Seine hinterlassene Jammer=volle Wittbe entschlieff den 17. Junii 1562 und wurde neben ihm begraben, seine einige Tochter den 25 August 1595, als sie auch ihr Grab bei den Eltern funde.“

Das für die „Wittbe“ angegebene Sterbedatum ist nachweislich falsch, Gabriel Didymus zweite Ehefrau, Dorothea geb. Horst ist am 24.Juli 1598 in Torgau gestorben (Eintrag im dortigen Sterbebuch auf Seite 32/33, Nr. 76,, und im Torgauer Häuserbuch) Bei dem von Terne angegebenen Juni-Termin 1762 muss es sich um eine Verwechslung handeln (Sterbetermin von Magdalene Schulteis-Leicher?) Die „einige“ (=einzige) Tochter war die Mutter von Michael Praetorius, die zuletzt mit ihrem Ehemann Michael Schulteis bei der mit Andreas Lussow verheirateten Tochter in Treuenbrietzen gelebt hat, dürfte dagegen richtig sein. In dem Torgauer Sterbebuch ist unter Nr. 50 eingetragen „26. Februar 1595 …Die Michel Schulßin …“ (der weitere Text des Eintrages ist schwer lesbar, ich konnte ihn nicht entziffern). Wenn dieser Eintrag der Didymus-Tochter Gertrud zuzuordnen ist, was im Hinblick auf die Häufigkeit des Familiennamens Schulze nicht sicher gesagt werden kann, könnte es sich bei dem von Terne angegebenen um den Beisetzungstermin in Torgau handeln; der Februar-Termin wäre dann vermutlich der Sterbetag in Treuenbrietzen, wo lt. Michael Praetorius beide Eltern verstorben sind.

Fazit:

Die vorstehend genannten genealogischen Daten weisen Mängel und einige Fehler auf, sie geben dennoch verwertbare genealogische Hinweise zur Beantwortung der Frage, wer die Mutter von Michael Praetorius ist. Die genannte „NN Zwilling“ als Mutter von Magdalena Leicher deutet meiner Meinung nach auf die vierte Ehe von Michael Schulteis mit Gertrud Zwilling hin und stützt insofern meine diesbezügliche Auffassung, dass es sich bei dieser Zwilling–Tochter um die im Thüringer Pfarrerbuch Band IV. genannte Gertrud Leicher handeln dürfte und sie also die vierte Ehefrau von Michael Schulteis war und damit die Mutter des Komponisten Michael Praetorius ist. Jeder Genealoge weiß, dass – zumal bei frühen Vorfahren wegen der dann meist spärlichen Datenlage – offene Fragen bleiben und deshalb verschiedene Auslegungen nebeneinander denkbar sind. Beide, Gabriel Zwilling wie Michael Schulze, sind im Übrigen respektable Vorfahren, die jeder Ahnenliste zur Ehre gereichen.

Der Wikkipedia Eintrag Michael Praetorius senior

Die Zuordnung von Gertrud Leicher geb. Zwilling in der Schulteis-Familiengeschichte als Ehefrau von Michael Schulteis und Mutter der Tochter Brigitte Praetorius/Schulteis verehelichte Sachse wird auch von anderen Genealogen so gesehen. Auf den für den Vater des Musikers Michael Praetorius unter Verwendung des latinisierten Nachnamens „Michael Praetorius senior“l wird dazu verwiesen. Auch hier ist Gertrud Schulteis, geborene Zwilling als Mutter von Brigitte Praetorius/Schulteis verehelichte Sachse eingetragen: „…er (Michael Praetorius senior) seit 1567 mit Gertrud Leicher geb. Zwilling verheiratet.“ Diese Aussage basiert vermutlich auf den genealogischen Daten der bei Google zu findenden Seite: „Die Vorfahren des Leberecht (von) Gerlach (um 1669 – 1742“ Dort ist Gertrud verwitwete Leicher geborene Zwilling als Ehefrau von Michael Schulteis und Mutter der Tochter Brigitte Praetorius/Schulteis verehelichte Sachse eingetragen. Diese Daten sind von Prof. Dr. Percy Ernst Schramm in Heft 9 des Archivs für ältere Sippenforschung veröffentlicht worden.

Vorfahren Leicher.

Die zum Vater der Mutter von Magdalena, die im Ludewig-Text  „Berichtigungen“ genannt sind, müssen geändert werden. Aus den Eintragungen in den Torgauer Ratslisten und dem Torgauer Häuserbuch ergibt sich, der dort genannte  Stadtrichter und Viertelmeister Andreas Leicher, der mit einer Tochter des Schneidermeisters Walter aus Torgau verheiratet gewesen ist, kommt als Vater nicht in Frage, er ist im Jahr 1525 verstorben. Wahrscheinlich war dessen Enkelsohn gleichen Vornamens der Vater; er war ebenfalls Viertelmeister (genannt 1542/43), er ist am 13.10 1560 gestorben. Er könnte/dürfte als Witwer in zweiter Ehe Gertrud Zwilling geheiratet haben, Seinerzeit heirateten häufig ältere, angesehene und/oder wirtschaftlich gut gestellte Witwer junge Frauen aus ihrem Stand, so ja auch Gabriel Didymus selbst die knapp 20jährige Dorothea Horst. Dieser Andreas L. wäre danach sowohl der Vater der 3. Ehefrau als auch erster Ehemann der späteren 4. Ehefrau von Michael Schulteis Zumindest die Sterbedaten passen zueinander: Andreas Leicher gestorben 13.10.1560, Witwe Magdalene Leicher eventuell gestorben † 17.7.1562, Eheschließung Michael Schulteis ∞ Witwe Leicher 1567.

Die Familie Leicher war eine hochangesehene Torgauer Patrizierfamilie, für die Angehörigen dieser Familie liegen deshalb zahlreiche Dokumente und mehrere Leichenpredigten vor. Die nachfolgenden Daten sind den Ratslisten sowie dem Häuserbuch von Torgau. Daraus ergibt sich folgende Stammfolge für den Vater von Magdalene Leicher und Ehemann (2. Ehe) von Gertrud Zwilling:

Anton Leicher, Viertelmeiste, Ratsherr † 1501

Andreas Leicher (I), Viertelmeister, Ratsherr, Büchsenschütze, Camarius (Kämmerer) und

Weinmeister; ∞ NN Schneider, Tochter von Walter (Valten) Schneider, † 1525)

Andreas Leicher (II), Kastenherr, Ratsherr, Fischmeister; ∞ „Tochter des Baumgertners“

Andreas Leicher (III), Viertelsmeister, Zeugmeister, † 13.10.1560.

 

Zur Ergänzung der Recherchen hinsichtlich der Frage nach der Mutter von Michael Praetorius soll noch auf einige andere Daten hingewiesen werden.

Die Leichenpredigt für Michael Praetorius

Als Michael Praetorius am 23. Februar 1621 unter der Orgelempore der noch im Bau befindlichen Kirche Beatae Mariae Virginis in Wolfenbüttel beigesetzt wurde, hielt der Magister Petrus Tuckermann die Trauerpredigt. Diese enthält, anders als sonst in Leichenpredigten üblich, keine genealogischen Daten, wohl aber einen Hinweis auf den Vater und den Großvater des Toten:

„… sein Vater und sein Großvater (sind) Prediger gewesen und (haben) Gott und seiner Kirchen lange Zeit gedienet; auch seine Brüder und Anverwandten viel solchem Amt wohl vorgestanden zum Teil noch auf den heutigen Tag wohl versehen. …“

Der Großvater Schulteis war Kürschner und Tuchmacher, der Hinweis bezieht sich somit auf den Vater der Mutter. Er ist lt. Leichenpredigt Prediger/Pfarrer gewesen, ein solcher war nur Gabriel Zwilling/Didymus; Georg Brückner, der Vater der ersten Ehefrau, war Hofkoch und Andreas Leicher, der Vater von Magdalena Leicher, war Patrizier und nahm öffentliche Ämter wahr. Deshalb merkt Gurlitt auch in einer Fußnote an: „Wahrscheinlich ist der Vater der Mutter (Didymus?) gemeint; doch ist die Nachricht in der sonst aller Personalien baren Leichenpredigt keineswegs zuverlässig genug, um weitergehende Vermutungen zu stützen.“

 

Michael Praetorius und seine Geschwister

Michael Praetorius hatte bekanntermaßen mehrere Geschwister, einige sind auch in den Pfarrerbüchern genannt. Von den Brüdern Andreas und Johannes sowie der Schwester Marie liegen zudem weitergehende Informationen vor. Die beiden Brüder waren Pfarrer in Frankfurt/Oder, beide waren wie ihr Vater strenge Lutheraner. Andreas soll noch in Torgau geboren sein, also vor der Landesverweisung seines Vaters im Sommer 1549; für Johannes wird das Geburtsjahr 1552 angenommen, ein Geburtseintrag oder sonstige genauere Angabe liegen jedoch für die Brüder nicht vor. Das ist dagegen für die Schwester Maria gegeben, für sie ist das Geburtsdatum in der Leichenpredigt ihres dritten Mannes, des Buchhändlers Esias Ulrich aus Zerbst[1]  genannt: 26. Juli 1554. In der Leichenpredigt ist auch der Name der Mutter angegeben: Magdalena Leicher. Sie soll nach allgemeiner Überzeugung auch die Mutter der Brüder Andreas und Johannes sein, urkundlich belegt ist das nicht, auch aus der Leichenpredigt geht  das jedoch nicht hervor.

Der Widmungsbrief zu Michael Praetorius Werk Missodia Sionia

In dem Widmungsbrief der Missodia Sionia aus dem Jahr 1611 (zit. bei Gurlitt) nennt Michael Praetorius seine Bruders Andreas „et merita in fratrem germanum p. m. (piae memoriae) Doct. Andream Praetorium“. Der Begriff „fratrum germanum“ wird von Genealogen heute als Bezeichnung für einen „Bruder beider Eltern“ gelesen und damit als Beleg für die Mutterschaft von Magdalene Leicher auch für den jüngsten Sohn von Michael Schulteis gewertet. Ob diese Schlussfolgerung so gezogen werden kann, sei dahingestellt. Wörtlich übersetzt bedeutet diese Bezeichnung jedoch „leiblicher Bruder“[2], im Gegensatz zu dem „Stiefbruder“. Der Widmungsbrief von Michael Praetorius ist nicht an Genealogen gerichtet, die Brüder werden wohl wegen ihrer Verdienste um Brandenburg genannt und sollen den Fürsten „gnädig“ stimmen. Vielleicht nennt der Sohn deshalb auch den Vater mit dem latinisierten Nachnamen, den Michael Schuteis (Vater) selbst nicht verwendet hat. Mit dieser Widmung dankt Michael Praetorius dem brandenburgischen Herrscherhaus für die Unterstützung seines Vaters nach dessen Amtsenthebung 1583. Die damaligen brandenburgischen Fürsten hatten Michael Schulteis nicht nur Zuflucht gewährt, sondern auch finanzielle Unterstützung hatte zuteil kommen lassen.

Der Widmungsbrief ist auf Latein verfasst und wurde mir von einem hiesigen Oberstudienrat übersetzt. Dieser merkte dazu an: „Die Übersetzung hat mich sehr herausgefordert. Nicht alle Hochstehenden kannten klassisches Latein“. Auch das sollte bei der Bewertung des Begriffes fratrem germanum bedacht werden. Die „klassische“ Übersetzung des lateinischen Begriffs „meum fratrem germanum“ der Genealogen steht auf jeden Fall im Widerspruch zu der eingangs zitierten Aussage der Leichenpredigt des Magisters Tuckermann

 

Michael Praetorius – Legat vom Mai 1619

Im Mai 1619 verfasste Michl Prae4torius ein Legat und hinterlegte dieses bei der fürstlichen Kammer in Wolfenbüttel. Dieses Vermächtnis enthält einige genealogische Daten, die nachstehend zur Ergänzung dieser Ausführungen genannt werden sollen (zitiert nach Vogelsänger, Seite 65). Bedacht werden sollten:

„Creuzburg, da ich geboren und mein Vater viel Jahre im Predigtamt gewesen;

Torgau, da ich erzogen bin und meine Mutter geboren;

Treuenbrietzen, da meine Eltern im Alter gelebet, gestorben und begraben sind;

Frankfurt an der Oder, da meine seligen Brüder D. Andreas und M. Johannes Praetorius und ich auch im Dienst gewesen, sie beide alldar gestorben und begraben sind;

Dresden und Halle, da mir viel Guts widerfahren ist;

Zerbst, da zwo meiner Schwestern gewohnet und ich vor 35 Jahren alldar in die Schule gangen bin;

Halberstadt, da ich mein Weib erfreit und meinen Eltesten Sohn Michaelen gezeuget;

Wolfenbüttel, da ich nun in das siebenundzwanzigste Jahr Gott Lob gelebet.“

Die Aussage zum Begräbnis der Mutter steht im Widerspruch zu der von Terne (s.o.)

Zuletzt noch die Abschrift der von Ludewig und Eulner zusammengestellten Stammliste für Praetorius (Schultze):

„R. Ludewig: Stammliste Praetrius (Schultze) A

I.1 Michael [Praetorius]: x Bunzlau (Fstt..Jauer) 1515 stud Witt 1529, Kapl. Torgau; Pfr.  Creutzburg/Werra 1549-63, dann Roben/Gera, dann 1569-73 Creutzburg, dann Torgau; ab 1583 als „vertriebener“ in Treuenbrietzen mit Frau dort wohl + ca. 1590 .

∞ I … Brückner + 1539 To d. Georg Br. Hofkoch Torgau

∞ II 1540 …Zwilling + Creutzburg 1553, To d.Gabriel Zw. Superintendent Hofprediger Torgau ∞ Anna Fliedner a. Suhl 2.Kd.

∞ III Torgau ca. 1553 Magdalena Leicher, x ca. 1532, +Treuenbrietzen n. 1583, To d. Andreas L. Stadtrichter Torgau

∞ … Zwilling ?; 7 Kd.

 

I.2 Christoph Praetorius; x Bunzlau, stud Witt 1551, 1562-83 Kantor in Lüneburg Johanneum, Lehrer d. Oberklassen, 1581 wegen Gehörleiden pensioniert, To Ursula ∞ 1589 Melchior Becker. Chr. Pr. + 1609 Lüneburg.

Kinder von I.1 Michael Praetorius ∞ Zwilling

II.1 Gabriel, x Torgau 1542, + 1553.

II.2 Anna x Torgau, + 1553

Kinder von I.1 Michael Praetorius ∞ Magdalena Leicher

II.3 Andreas I, x Creutzburg ca1550, stud Witt. 1569, Jena 1570 73,Ffo 1573 Dr theol 1578 Prof. Hofprediger 6 Jahre, 1581 wieder FfO 1582 St. Marienkirche, Rektor der Univ. 1586 + dort 20.12.1586 ∞ 15.5.1576 Theodora (handschriftlich eingefügt + Sorau 1599), To d. Andreas Muscuus die ∞ II Prof theol. Joachim Garcaeus, x Brandenburg 1567- 80 Euler (doch kaum möglich), + 2.6.1633  Anmerkung dazu: Euler irrt sich, die Heirat ist urkundlich belegt)

II.4 Johannes I, x Creutzburg 1552/55. stud Jena 1572 Magister, Pfr. FfO St. Nicolai 15.9., dann St. Georg, + das. 1586. ∞FfO 1577 Elisabeth Knobloch To des Prof med Lohann Knobloch, deren Tochter Theodora x FfO 1584 jung + ? ∞ II 1586 Christoph Teckler, Mag. Archidiakon St. Marien FfO.

II.5 Maria, x Creutzburg  25.7.1554, ∞ I 1575 Diakon Markus Heise in Zerst + 1585; ∞ II 1580 Jacobus von Jhena in Zerbst + 1585; ∞ III 12.5.1585 Elias Ulrich, Zahlmeister + Zerbst23.7.1601. So aus ii Ehe, To aus III Ehe. Maria + Zerbst19.7.1601

II.6 Sabine, x Creutzburg ca 1556  ∞ 1580 Andreas Lüssow, 1582- 1604 Suoerintendent in Treuenbrietzen

II.7 Brigitte, x Creutzburg 1562, + Halberstadt ∞ Halberstadt 1586 Daniel Sachse sen Superintendent in Halberstadt + das. 22.6.1605

Stammliste Praetorius (Schultze)  B

In dieser Liste sind genealogische Daten von Michael Praetorius (Sohn) und dessen Kindern Andreas Johannes und Elisabeth sowie der Kinder von Sabine Praetorius und ∞ Andreas Lüssow (Maria ∞ Jordan, Sabine ∞ Schernack und Franz ∞ Anna Pinkenckendorf) aufgeführt, von einer Abschrift wird hier abgesehen, da kein zusätzliche Aussagen in Bezug auf die Fragestellung bzgl. der Mutter von Michel Praetorius gegeben ist).“

 

 

[1]  Franciscusbibliothek Zerbst,

[2] germanus = leiblich, echt, wahrhaftig, ehrlich